Kosten

Kostepunkt bei künstlichen Befructungen, sei es durch IVF, ICSI oder anderen Behandlungsarten

1001, 2010

Leistungsrecht GKV – zu den gesetzlichen Leistungen für IVF in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

By |Januar 10th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die gesetzlichen Ansprüche der Kassenpatienten auf Krankenbehandlung sind geregelt im SGB V (Sozialgesetzbuch 5. Buch, Krankenversicherung). Es gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V. Der Anspruch ist grundsätzlich auf die Sachleistung (ärztliche Behandlung) gerichtet, in besonderen Fällen auf Kostenerstattung, § 13 SGB V.

§ 27 a SGB V: Die künstliche Befruchtung ist in § 27 a SGB V im Einzelnen geregelt. Dort sind insbesondere folgende Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004)  normiert:

  • Kinderwunschpaar verheiratet
  • Altersgrenzen (Mindestalter 25 Jahre, Höchstalter Frau 40 und Mann 50)
  • Homologes System (Keimzellen des Paares, keine Drittspende)
  • Vor Behandlungsbeginn von Krankenkasse genehmigter  ärztlicher Behandlungsplan
  • Vor Behandlungsbeginn durchgeführte Beratung durch einen dritten Arzt, der die Sterilitätsbehandlung selbst nicht ausführt und hierzu an eine reproduktionsmedizinische Einrichtung überweist
  • Beachtung der einschlägigen Richtlinien im Rahmen der sterilitätsmedizinischen Behandlung (Indikation der Behandlung, HIV-Test u.a.)
  • Durchführung der Behandlung an einer hierzu befugten ärztlichen Einrichtung, § 121 a SGB V.

Leistungsumfang: Er ist derzeit (Rechtsstand seit 1.1.2004) bundesgesetzlich durch § 27 a SGB V mehrfach begrenzt, z.B.:

  • 50 % der Kosten
  • Höchstzahl von Behandlungszyklen (z.B. bei IVF und Insemination im stimulierten Zyklus: 3 x).

Einzelheiten zur Indikation (z.B. bei Subfertilität, idiopathische Sterilität etc.), zur Durchführung der Behandlung und zu verschiedenen Behandlungsvarianten ( IVF, ICSI, IUI usw.) sind in Richtlinien gemäß § 92 SGB V geregelt, die der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschließt.

Widerspruch: Bei Leistungsablehnungen ist die Widerspruchsfrist (1 Monat ab Zustellung des Ablehnungsbescheids!) unbedingt zu beachten. Über den Widerspruch entscheidet der Widerspruchsausschuss der Krankenkassen.

Prozess: Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid ist Klage zum zuständigen Sozialgericht eröffnet. Die Klagefrist (ebenfalls 1 Monat, ab Zustellung des Widerspruchsbescheids) ist unbedingt einzuhalten! Sollte die Krankenkasse die Verbescheidung unangemessen lange verzögern, kann unter gewissen Voraussetzungen Untätigkeitsklage erhoben werden.

Ist die anwaltliche Tätigkeit  nach Widerspruch oder Klageerhebung erfolgreich, so besteht dem Grunde nach im Regelfall ein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Erstattung der Anwaltskosten.

Empfehlung: Nach unseren Erfahrungen kommt es immer wieder vor, dass Leistungsanträge nicht oder erst nach umständlicher und zeitraubender Korrespondenz verbeschieden werden. Unangemessene Verzögerungen sollten Sie nicht hinnehmen. Ein Gang zum Anwalt kann die Sache beschleunigen.

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Extras einzelner Krankenkassen! Einige Krankenkassen leisten ihren Mitgliedern für Kinderwunschbehandlung mehr, als gesetzlich vorgeschrieben (z.B. mehr als 50 %). Ein Vergleich unter den Krankenkassen könnte sich daher für Sie lohnen!

Sonderfall Kryokonservierung bei anderer Krankheit: Wenn eine andere Krankheit und deren Behandlung die Fertilität gefährdet (z. B. Krebs + Strahlentherapie), ist die Kryokonservierung von Keimzellen ausnahmsweise eine Kassenleistung. Dies wurde nun mit dem TSVG (Terminservice- und Versorgungsgesetz) vom 6.5.2019 gesetzlich geregelt. Vorher war die Rechtslage unklar; die überwiegende Rechtsprechung, so auch das BSG, lehnten Leistungsansprüche (nach alter Rechtslage) ab.

1001, 2010

Leistungseinschnitte ab 1.1.2004: Behandlungsrahmen nur noch 3 x IVF – aber ganz oder z.T. wieder eröffnet nach Geburt, bei Schwangerschaft aus IVF

By |Januar 10th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Nach § 27 a SGB V werden von der Krankenkasse nur noch maximal 3 Behandlungszyklen einer IVF-Behandlung als Kassenleistung geschuldet – und zwar nur noch zu 50 % der Kosten (Rechtslage bis 31.12.2003: 4 x zu 100%) . Sowohl die Beschränkung auf 3 Zyklen als auch die Beschränkung auf 50 % der Kosten ist rechtmäßig und verfassungskonform (mehrere Urteile des BSG, zuletzt vom Juni 2009).

Unstreitig ist der  Behandlungsrahmen neu in vollem Umfang eröffnet nach einer Totgeburt. Ob Gleiches bei einem Abort gilt, ist strittig, jedenfalls höchstrichterlich noch nicht entschieden.  In diesem Fall konnte bei unserer Mandantin im letzten Behandlungszyklus (der Leistungsumfang gemäß § 27 a SBG V war damit ausgeschöpft) eine Schwangerschaft erzielt und auch klinisch nachgewiesen werden. Leider kam es anschließend zu einem Abort. Die beklagte BKK wollte daher unter Hinweis auf die Vorbehandlung  keine weiteren IVF-Behandlungszyklen mehr gewähren; eine so kurze Schwangerschaft sei unbeachtlich und mit einer Totgeburt nicht gleichzusetzen.

Das Gericht war aber anderer Meinung. Nach seinem Hinweis, dass es “nur” auf das Erzielen einer klinischen Schwangerschaft, nicht aber auf deren endgültigen Erfolg (=Geburt) ankomme, gab die BKK ein Anerkenntnis ab und gewährte antragsgemäß weitere Behandlungszyklen einer kombinierten IVF- und ICSI-Behandlung (SG Regensburg, S 14 KR 219/04).

Anmerkungen:

(1) Inzwischen hat in ähnlicher Weise das LSG Schleswig (Urteil vom 10.05.2006, AZ. L 5 KR 56/05) entschieden.

(2) Leider lässt sich auf alle Behandlungsfälle keine einheitliche Antwort finden. Die einschlägigen Richtlinien zur künstlichen Befruchtung wurden und werden nämlich im Lauf der Zeit immer wieder geändert!

(3)  Das BSG hat inzwischen mit Urteil vom 25.6.2009 entschieden, dass bei 3 erfolglosen IVF-Behandlungen kein neuer Behandlungsrahmen eröffnet ist, auch wenn in einem 4. IVF-Zyklus (selbst finanziert) eine Schwangerschaft (vorübergehend) erzielt wurde. Diesem Urteil lagen aber die Richtlinien in der Fassung vom 19.10.2004 zu Grunde, die heute nicht mehr gültig ist!

1001, 2010

gesetzliche Leistungsbegrenzung auf 50 % der Behandlungskosten bei IVF ab 1.1.2004 ist rechtmäßig

By |Januar 10th, 2010|GKV Krankenkassen|0 Comments

Bis zum 31.12.2003 mussten die Krankenkassen gemäß § 27 a SGB V von den notwendigen Kosten einer IVF-Behandlung 100 % tragen. Mit dem GMG (GKV-Modernisierungsgesetz) wurde dies -in Zeiten knapper Kassen- ab 1.1.2004 reduziert auf nur noch 50 %. Das GMG enthielt außerdem einige weitere Einschränkungen, z.B. strikte Höchst- und Mindestaltersgrenzen (dazu weitere Urteile auf dieser Seite!).

Das BSG hält diese Leistungskürzung durch den Gesetzgeber für  zulässig und auch verfassungskonform. Die Begründung enthält zur Rechtfertigung des patientenfeindlichen Urteils einen gewissen “Kunstgriff”: der Gesetzgeber habe nämlich für die künstliche Befruchtung einen Versicherungsfall eigener Art schaffen wollen; bei der Sterilitätsbehandlung mittels IVF handle es sich – angeblich – nicht um die Behandlung einer Krankheit. Daher darf der Gesetzgeber, so das BSG, dem Patienten hier ohne weiteres eine Eigenbeteiligung von 50 % aufbürden. Bei IVF und ähnlichen Behandlungsarten der künstlichen Befruchtung handle es sich nicht um eine “Kern-Leistung wegen Krankheit”, so das BSG. Damit wird – leider und nach unserer Auffassung auch zu Unrecht – das Sterilitätsleiden vieler Paare als nebensächlich oder von untergeordneter Bedeutung abgestempelt (B 1 KR 6/07, Urteil vom 19.09.2007).

Anmerkung:

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 27.01.2009, 1 BvR 2982/07, das GMG mit dieser Einschränkung gleichfalls gebilligt. Die 50% – Beschränkung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da der Sozialgesetzgeber bei leistungsgewährenden Regelungen ein weites Ermessen habe. Die künstliche Befruchtung sei nach Kassenrecht (§ 27 a SGB V) keine Heilbehandlung einer Krankheit sondern nur eine Maßnahme der Familienplanung, die weniger förderungswürdig ist. Es handle sich bei der künstlichen Befruchtung nicht um eine medizinische Therapie sondern um einen Wunsch zur Lebensgestaltung. Eine Heilbehandlung liege nicht vor, weil die Krankheit (Sterilität) mit der künstlichen Befruchtung nicht beseitigt werde. –

Unsere Kritik: Das Ergebnis, aber mehr noch die Begründung, verdienen heftige Kritik! Der vom BVerfG vertretene Krankheits- und Heilbehandlungsbegriff steht in völligem Widerspruch zur medizinischen Begriffsdefinition von Krankheit und Therapie und übrigens auch zur Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Versicherungsfall in der PKV (private Krankenversicherung). Zweifellos ist die Unfruchtbarkeit wegen eines körperlichen Defektes eine Krankheit, die einer Therapie, z.B. in Form der künstlichen Befruchtung, zugänglich ist!

Tip:

Einige Krankenkassen sind inzwischen dazu übergegangen, mittels Satzungsregelung den bei ihnen versicherten Kinderwunschpaaren höhere Leistungen als die gesetzlichen Mindestleistungen zu gewähren; z.B. erstatten sie 75 % der Kosten statt der vorgeschriebenen 50 %. Das ist zulässig (BSG, Urteil vom 18.11.2014).


901, 2010

Beamte / Beihilfe des Bundes bzw. der Länder

By |Januar 9th, 2010|Rechtshistorie, Trends|0 Comments

Die Krankenversicherung der Beamten ist im Beihilferecht (des Bundes bzw. der einzelnen Länder) geregelt. Die Beihilfevorschriften lehnen sich meist an § 27 a SGB V, also an das Recht für die GKV (gesetzliche Krankenversicherung, Kassenpatienten) an – aber Vorsicht: das gilt nicht überall!

Soweit im Beihilferecht § 27 a SGB V gilt (das ist meist, aber nicht ausnahmslos der Fall!), erhalten Beamte bei IVF-Behandlungen Leistungen unter den Voraussetzungen und in dem Umfang wie Kassenpatienten. Das hat derzeit z.B. folgende Auswirkungen = Einschränkungen gegenüber Privatversicherten zur Folge: maximal 3 x IVF, Kosten der IVF nur zu 50 %, keine Leistung an unverheiratetes Paar.

Über § 27 a SGB V gilt in der Beihilfe (meist) das Behandlungsprinzip der GKV, nicht aber das Verursacherprinzip aus der PKV.

Die meisten Beamten schließen für den neben der Beihilfe verbleibenden, restlichen Risikoteil eine private Krankenversicherung ab. Hier können sich leider viele Unstimmigkeiten und Lücken ergeben, da in der PKV das Verursacherprinzip gilt. – Nach derzeit herrschender Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte verlangt es die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht, seine Beamten vor derartigen “systemwidrigen” Lücken oder Unstimmigkeiten zu schützen.- Dies erscheint uns wenig überzeugend und auch wenig befriedigend. Die Gesetzgeber sollten hier rasch die nötigen Korrekturen vornehmen!

901, 2010

Leistungsrecht PKV – zu den Ansprüchen für IVF in der privaten Krankenversicherung (PKV)

By |Januar 9th, 2010|Rechtslage|0 Comments

Die Rechtsgrundlagen für den Versicherungsfall im privaten Krankenversicherungsrecht ergeben sich aus dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz) und den jeweiligen AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen) der Versicherung. Diese bestehen meist aus Teil I (entspricht oft den Musterbedingungen MB/KK) und Teil II (Tarife). Die Tarifbedingungen können, müssen aber nicht, spezielle Regelungen zu einzelnen Versicherungsfällen, z.B. zur künstlichen Befruchtung, enthalten.

Neuerdings bauen einige Versicherer in ihre Tarifbedingungen Leistungsbeschränkungen oder gar Leistungsausschlüsse zur künstlichen Befruchtung ein. Diese sind „im Kleingedruckten versteckt“! Also Vorsicht – insbesondere beim Neuabschluss oder der Änderung eines Vertrages! Die Unterschiede zwischen einzelnen Versicherern oder einzelnen Tarifen können gravierend sein! 

Der Versicherungsfall wird in den Musterbedingungen (MB/KK ) allgemein definiert wie folgt:

     „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“.

Die Voraussetzungen für den Versicherungsfall in der PKV sind nach der Rechtssprechung:

  • Vorliegen einer Krankheit
  • Krankheit der versicherten Person (Verursacherprinzip in der PKV!)
  • Heilbehandlung der Krankheit
  • Notwendigkeit der Heilbehandlung (u.a. Erfolgsaussichten der Sterilitätsbehandlung!) 

Einzelheiten sind in der PKV – im Gegensatz zur Rechtslage in der GKV, § 27 a SGB V – nicht normiert. Das hat zur Folge, dass in der PKV ein weit größerer Rahmen für Diskussionen bei der Leistungsgewährung oder beim Leistungsumfang eröffnet ist. Im streitigen Einzelfall müssen die Zivilgerichte den konkreten Versicherungsfall – meist unter Einholung eines sterilitätsmedizinischen Gutachtens nach Aktenlage – dem Grunde und dem Umfang nach beurteilen.

Unterschiede zur GKV: In der PKV gelten keine strikten Altersgrenzen, keine strikte Versuchszahl und auch nicht der Ehevorbehalt (Voraussetzung der Verheiratung – derzeit aber noch strittig!). Für die PKV gilt das Verursacherprinzip. Ein Risikoausschluss zu Sterilitätserkrankungen und Kinderwunschbehandlungen kann im Einzelfall tariflich oder einzelvertraglich bestehen; das ist stets vorab zu prüfen!

Prozess:  Dafür sind die Zivilgerichte (1. Instanz: Amtsgericht oder Landgericht, je nach Streitwert der Klage) zuständig. Bei einem Obsiegen im Prozess muss im Regelfall der unterlegene Gegner die Kosten des Prozesses tragen.

Empfehlung: Gerade für den Bereich der PKV ist es daher dringend angeraten, bei Leistungsablehnung oder auch –verzögerung frühzeitig die Hilfe eines hier spezialisierten Anwalts in Anspruch zu nehmen. Bisweilen taktieren die Versicherer nach unseren Erfahrungen mit Hilfe langwieriger Korrespondenz und spielen auf Zeit, um dann den „Alterseinwand“ (mangelnde Erfolgsaussichten der Behandlung, insbesondere bei älteren Frauen) zu erheben.

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701, 2010

IVF – Behandlungskosten wegen früherer, freiwilliger Sterilisation sind keine außergewöhnliche Belastung

By |Januar 7th, 2010|Steuerrecht, Kosten absetzbar|0 Comments

Heilbehandlungskosten für eine IVF-Behandlung (bei einem Ehepaar oder auch bei einem Paar in eheähnlicher Lebensgemeinschaft) sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar gemäß § 33 EStG. Wenn aber vorher eine nicht medizinisch indizierte sondern freiwillige Sterilisation der Frau (z.B. zum Zwecke der Empfängnisverhütung im Rahmen ihrer damaligen Familienplanung) stattfand, die nun durch die IVF-Behandlung in ihrer Auswirkung wieder rückgängig gemacht werden soll, dann sind in diesem besonderen Fall die Kosten der IVF-Behandlung steuerrechtlich nicht absetzbar (BFH III R 68/03, Urteil vom 03.03.2005).

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV II – Sterilitätsursachen allein bei einem Partner des Paares

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

In der PKV gilt das sogenannte Verursacherprinzip (anders als bei der GKV = gesetzliche Krankenkassen). Das bedeutet, dass die PKV die Behandlungskosten nur dann und in dem Umfang übernimmt, wie sie durch eine Sterilitätsursache der bei ihr versicherten Person verursacht sind. Aus diesem Grundprinzip erklären sich die 3 folgenden Urteile:

Kranker Mann, kombinierte IVF- und ICSI-Behandlung = PKV muss Gesamtkosten der Kinderwunschbehandlung des kranken Mannes zahlen:

Eine kombinierte IVF- und ICSI-Behandlung wurde durchgeführt, weil der Mann an einer Infertilität (Unfruchtbarkeit) litt; seine Frau war dagegen gesund. In diesem Fall muss nach der Entscheidung des BGH (IV ZR 25/03, Urteil vom 03.03.2004) die Versicherung des kranken Mannes die gesamten Kosten der Kinderwunschbehandlung tragen, einschließlich der ärztlichen Behandlungsmaßnahmen, die am Körper seiner (gesunden) Ehefrau zur Ermöglichung einer künstlichen Befruchtung nötig waren.

Damit hat über diese Konstellation erstmals der BGH entschieden und zwar mit dem gleichen Ergebnis wie bereits ca. 15 Jahre zuvor das LG Oldenburg in einem von unserer Kanzlei geführten Prozess (Urteil vom 08.05.1990, MDR 1990,927).

Gesunde Frau = ihre PKV ist nicht eintrittspflichtig :

Aus dem Verursacherprinzip folgt umgekehrt, dass die private Krankenversicherung einer gesunden Frau nicht für die Behandlungskosten einzutreten hat, wenn die Ursache für die Paarsterilität (allein) bei ihrem anderweitig versicherten Mann liegt (BGH IV ZR 58/97, Urteil vom 12.11.1997).

Das gilt selbst dann, wenn dieser Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist und seine Kasse wegen der dort abweichenden Rechtslage (§ 27 a SGB V, Behandlungsprinzip!) u. U. nur einen geringen Teil der Gesamtbehandlungskosten zu tragen hat!

701, 2010

Verursacherprinzip in der PKV III – idiopathische Sterilität in der PKV nach herrschender Rechtsprechung kein Versicherungsfall! – doch wann liegt definitiv idiopathische Sterilität vor?

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Bei einer Frau konnte die konkrete Ursache ihrer Sterilität nicht gefunden werden. Das Gericht ging aber davon aus, dass sie an Sterilität litt.  Nach dem Urteil des OLG Nürnberg (8 U 850/93, 27.05.1993) ist die IVF-Behandlung in dieser Situation dennoch ein Versicherungsfall. Es komme im Leistungsrecht der privaten Krankenversicherung nicht auf die Kenntnis einer genauen Krankheitsursache sondern auf die Behandlung oder Linderung der Krankheit selbst an. Der zweifellos vorliegende Funktionsausfall bei der Frau (sonst läge ja keine Sterilität vor) wird jedenfalls durch eine IVF-Behandlung in geeigneter und notwendiger Weise behandelt. Dies sei bei ihr ein Fall  idiopathischer Sterilität und begründe die Leistungspflicht ihrer PKV.

Anmerkung: Diese schon etwas ältere und von den Versicherungen seither heftig bestrittene Rechtsauffassung hat jüngst das LG Oldenburg in einem von unserer Kanzlei für eine Münchner Patientin geführten Rechtsstreit bestätigt (LG Oldenburg, Urteil vom 30.11.2007). Schon bei einem “lediglich” diskreten Hinweis auf eine (weibliche) Funktionsstörung der Eileiter (Tubenstörung) musste dort die PKV der Frau für die Kosten der (mehrmaligen) IVF-Behandlung aufkommen – jedenfalls dann, wenn der Mann gesund erscheint und daher die Paarsterilität nicht von ihm verursacht sein kann.

Anders in der GKV:

In der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) ist die Indikation “idiopathische Sterilität” ein klarer Leistungsfall für die GKV. Dies ergibt sich aus den dort gültigen Richtlinien für die ärztliche IVF-Behandlung. Allerdings gilt im Bereich der PKV (Private Krankenversicherung) das Verursacherprinzip – abweichend von der Rechtslage in der GKV!

701, 2010

Keine Kostenübernahme für IVF nach vorangegangener “freiwilliger” Tubensterilisation

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Aus Gründen der Empfängnisverhütung (Unverträglichkeit von Kontrazeptiva) hatte eine Frau eine Tubensterilisation vornehmen lassen. Später entstand Kinderwunsch.

Die IVF-Behandlung zur Behebung der weiblichen Unfruchtbarkeit ist in diesem besonderen Falle nach Ansicht des OLG Nürnberg (8 U 3617/04, Urteil vom 24.03.2005)  keine medizinisch notwendige Heilbehandlung und muss von der Krankenversicherung nicht finanziert werden. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn Folgeleiden eingetreten sind und / oder eine andere Sterilitätsursache hinzugekommen ist.

701, 2010

pauschale oder generelle Beschränkung bei der Zahl der Eizellen in der Kostenerstattung ist unzulässig – Mehrfachberechnung GOÄ Nr. 1114 und 4873

By |Januar 7th, 2010|PKV Privatversicherung|0 Comments

Im Rahmen einer IVF-Behandlung lässt sich die Zahl der gewonnenen Eizellen, die nach ihrer Punktion zur extrakorporalen Befruchtung zur Verfügung stehen, nicht exakt vorgeben. Das hängt von diversen Faktoren im Behandlungsverlauf ab. Andererseits hängt die Erfolgsaussicht für die Behandlung auch von der Zahl der Eizellen, die zur Verfügung stehen, ab.

Im Falle unserer Mandantin wurden nach Stimulation und Punktion 15 Eizellen mit der Zielsetzung für einen Transfer weiterbehandelt, woraus am Ende 5 geeignete Eizellen im Vorkernstadium (Präzygoten) gewonnen werden konnten. Davon wurden 2 sofort transferiert und 3 kryokonserviert. Die Behandler rechneten die einschlägigen Gebührenziffern 1114 und 4873 GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) 12 Mal ab wegen der hohen Anzahl behandelter Eizellen.

Jedoch wollte die PKV, in diesem Fall die Universa Krankenversicherung a.G., nur die Kosten für Behandlungsmaßnahmen an 5 Eizellen erstatten, da nach ihrer Meinung ein größerer Behandlungsumfang nicht nötig war; ferner bestünden Bedenken nach dem ESchG (Embryonenschutzgesetz). Dem folgte das Gericht aber nach Einholung eines sterilitätsmedizinischen Gutachtens nicht und verurteilte zugunsten unserer Mandantin die Versicherung antragsgemäß zur vollen Kostenübernahme (LG München I, 20 S 8001/07, Urteil vom 03.03.2009). Die Behandlung habe sich – auch im konkreten Umfang der behandelten Eizellen – als medizinisch notwendig erwiesen.

Anmerkung: